Klimanotizen 37

Neue Emissionsrekorde, das heißt auch: Schrumpfung von Zukunft, Einschränkung kommender Freiheit. In den USA wachsen die Sorgen vor einer »Trump-Diktatur«, die auch ein »war on the environment« sein würde. Dass Milliardäre besonders oft in die Politik gehen, zeigt eine neue Studie.

#1 Wo stehen wir? Mal wieder auf Rekordniveau, diesmal sind es die weltweiten Kohlendioxid-Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe, die mit 36,8 Milliarden Tonnen 2023 einen neuen Höchststand erreichen werden. Rekord heißt im Planetaren Paradigma immer auch: Verlust von Reaktionszeit, Schrumpfung von Zukunft, Einschränkung kommender Freiheit. So rückt etwa der Zeitpunkt näher, an dem bei fortlaufender Selbstzerstörung das verbleibende CO2-Budget zur Erreichung der Klimaziele aufgebraucht sein wird. Wir reden hier nicht mehr über Jahrzehnte, sondern praktisch von Übermorgen. Genaueres beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, von den Klimareportern aufbereitet oder hier von der Uni München. Dass die Trends bei den Kohlendioxid-Emissionen regional unterschiedlich waren, kann nicht beruhigen, auch nicht die Tatsache, dass sie in Europa und den USA zurückgingen. Eben weil sie selbst dort nicht rasch genug sinken. 

#2 Bleiben wir in den USA: In einem eindringlichen, ausführlichen Essay hat einer der einflussreichsten Neokons, Robert Kagan, vor einer »Trump-Diktatur« gewarnt. Er erlebe derzeit »eine Welt der Selbsttäuschung, reich an imaginären Möglichkeiten«: Vielleicht wird Trumpf ja noch verurteilt, vielleicht steigt Nikki Haley noch empor, vielleicht, vielleicht, vielleicht. Doch für Kagan geht »die Phase des magischen Denkens zu Ende«, er sagt den Durchmarsch Trumps voraus und mit ihm werden Leute »mit Feindelisten« die Institutionen säubern. Widerstand erwartet Kagan kaum: »Die Tatsache, dass diese Tyrannei vollständig von den Launen eines Mannes abhängt, bedeutet, dass die Rechte der Amerikaner eher an Bedingungen geknüpft als garantiert sind. Aber wenn die meisten Amerikaner ihren täglichen Geschäften nachgehen könnten, wäre es ihnen vielleicht egal, genauso wie es vielen Russen und Ungarn egal ist.« 

#3 Inzwischen hat Greg Sargent auf Kagan geantwortet - nicht weil er die Lage insgesamt rosiger sieht. Aber er gibt unter Verweis auf zivilgesellschaftliches Aufbegehren gegen Trump einen auch für die hiesige Debatte um die AfD wichtigen Hinweis und bezieht sich dabei auf Ruth Ben-Ghiat. Die weist darauf hin, »dass eine bewährte Taktik autoritärer Führer darin besteht, die Wählerschaft zu entwaffnen, indem sie ihren glorreichen Triumph als unvermeidbar suggerieren. ›Autoritäre schaffen ein Klima, in dem sie unaufhaltsam zu sein scheinen‹.« Die Manipulation der Wahrnehmung sei alles, das Ziel bestehe nicht zuletzt darin, die Wählerinnen und Wähler in ihrer Überzeugung zu bestärken, »dass Politik eine hoffnungslos schmutzige und enttäuschende Angelegenheit ist«. Sargent plädiert dafür, den Ernst des Augenblicks nicht herunterzuspielen, aber »Ängste darüber in eine konstruktive Richtung zu lenken«. Das ist leichter gesagt als getan, schiebt aber die in der öffentlichen Debatte auch hierzulande immer noch zu wenig beachtete Tatsache in die erste Reihe, dass es Mehrheiten gibt, die weder Trump noch die AfD wollen. Sargent plädiert für einen einen Geist zurückhaltender und wachsamer Zuversicht, der sich völlig darüber im Klaren ist, was auf dem Spiel steht.

#4 Auch »The Atlantic« ist mehr als besorgt über »The Danger Ahead« und widmet einer möglichen zweiten Amtszeit in der kommenden Ausgabe einen großen Schwerpunkt. Eine Sorge: Bei Rückkehr ins Weiße Haus bringt der rechtsradikale Milliardär »eine gezieltere Agenda« mit. Was das für die Klimapolitik heißt, analysiert Zoë Schlanger und sie beginnt ihren Text mit einer Anekdote vom Beginn der ersten Amtszeit Trumps: In der Bibliothek der University of Pennsylvania trafen sich kurz vor Amtsantritt im Januar 2017 Archivare, Bibliothekare und Informatiker zu einem Hackathon, um Datensätze über den Klimawandel auf Regierungsseiten zu retten. »Man befürchtete, dass die neue Regierung solche Informationen der Öffentlichkeit entziehen würde – und das geschah innerhalb einer Woche.« Was neben einem erneuten Austritt aus dem Pariser Abkommen von Trump zu erwarten wäre, der Dominoeffekte bei anderen autoritären Regimes auslösen könnte, zum Beispiel Kürzungen bei der EPA und Konflikte mit demokratischen sowie jenen von Republikanern regierten Bundesstaaten angeht, die vom IRA stark profitieren, kann man hier lesen. Schon vor einigen Wochen hat Dharna Noor im »Guardian« die Wunschlisten rechter Gruppen wie Heritage Foundation und America First Policy Institute unter die Lupe genommen, den Umweltschutz zu schwächen. Auch hier geht es um »The Republican blueprint to wage war on the environment«. 

#5 Nochmal Trump, aber pars pro toto: In einem der Prozesse gegen ihn geht es um Betrug, er soll seine Vermögenswerte besser dargestellt haben, um an bessere Konditionen für Kredite und Versicherungen zu gelangen. Als Milliardär gilt er dennoch - eine Gruppe von Forschern um Daniel Krcmaric hat nun untersucht, wie oft Superreiche in politische Ämter gelangen. Ausgehend von der Forbes Billionaires List stellen sie in ihrer Untersuchung fest, dass über 11 Prozent Milliardäre weltweit ein politisches Amt inne haben oder eines anstreben. Selbst im Vergleich zu anderen Elitegruppen, die oft Politiker hervorbringen, sei das eine sehr hohe Quote. Milliardäre würden sich auf sehr einflussreiche Positionen konzentrieren und haben oft Erfolg. Ideologisch tendierten sie eher zur Rechten. Offenbar gibt es einen Zusammenhang zwischen politischen Systemtyp des jeweiligen Landes und der Häufung von Milliardärs-Politikern. »Insbesondere in Autokratien treten Milliardäre sehr viel häufiger formell in die Politik ein als in Demokratien«, so die Studie. Und man denkt dann doch gleich an: Aber Silvio Berlusconi, Andrej Babis, Frank Stronach, Sebastian Pinera und so weiter? 

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