Studien und Befragungen zum Klimabewusstsein

Wie wird über die planetare Krise gedacht? Was wissen wir über Naturbewusstsein, Veränderungsbereitschaft und Ängste? Welche regionale Unterschiede gibt es? Studien und Befragungen geben Einblicke, die transformative Politik berücksichtigen sollte. Eine laufende Arbeitssammlung.

‌‌Wir tragen an dieser Stelle einige Veröffentlichungen zusammen, die sich langfristiger oder ausführlicher mit Klimabewusstsein, Haltungen zu Umweltschutz und Maßnahmen zur Einhaltung planetarer Zielwerte, der individuellen Veränderungsbereitschaft sowie mit sozialen Ängsten befassen. Hinweise auf ähnliche Forschungsarbeiten sind willkommen.

Energiewende, Beschäftigte, Parteineigung: Eine Mehrheit der Beschäftigten unterstützt die Ziele der Energiewende, den Ausbau von erneuerbaren Energien und den Kohleausstieg, zeigt eine Befragung der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung. Sorgen und Unsicherheiten zeigen sich bei den ökonomischen und arbeitsmarktpolitischen Folgen der Energiewende. Deutliche Differenzen zeichnen sich entlang parteipolitischer Präferenzen ab. Die Anhängerschaften »der etablierten Parteien« zeigen deutlich mehr Zustimmung zur Energiewende als AfD- und BSW-Befürworter. Zudem unterstützen die Anhängerschaften des Mitte-links-Spektrums (SPD, Grüne, Linke) die Energiewende stärker als die des Mitte-rechts-Spektrums (CDU/CSU, FDP). Die Zustimmung der AfD-Mitläufer ist in fast allen Fragen durchschnittlich signifikant niedriger; die Zustimmung der BSW-Anhängerschaft liegt in den meisten Fällen zwischen der der AfD und der etablierten Parteien. Interessant ist allerdings, dass die Kopplung staatlicher Förderungen an gute Arbeitsbedingungen sowie eine stärkere demokratische und finanzielle Teilhabe auch über die skizzierten parteipolitischen Differenzen hinaus eine Mehrheit finden. Die Studie hier als PDF. (Oktober 2024)

Shell Jugendstudie: Klimaschutz und Klimawandel haben für Jugendliche in der Bundesrepublik nicht an Bedeutung verloren. 80 Prozent teilen die Auffassung, dass für den Klimawandel vor allem der Mensch verantwortlich ist. Etwas mehr als ein Viertel der Jugendlichen meint, dass der Klimawandel in der Öffentlichkeit übertrieben dargestellt würde, in 2010 war es noch etwas mehr als ein Drittel. Umstrittener ist die Frage nach den Konsequenzen. 57 Prozent sind der Meinung, dass alle ihren bisherigen Lebensstan­dard zugunsten von Klima und Umwelt einschränken sollten, jeweils etwa ein Fünftel ist sich hier unsicher oder lehnt dies ab. Differenziert nach Bildungsposition, zeigen sich bei dieser Frage Unterschiede. Aktionen von Umweltgruppen wie der »Letzten Generation« stößt auf ein geteiltes Echo - der Aussage »Es ärgert mich, dass Umweltschützerinnen und -­schützer mir vorschreiben wollen, wie ich zu leben habe« stimmen 43 Prozent der Jugendlichen zu, 39 Prozent lehnen dies ab. Ein Viertel der jungen Menschen verteidigt die Aktionen von Klimaaktivisten, mehr als die Hälfte tut dies nicht. Die Zusammenfassung der 16. Shell-Jugendstudie als PDF. (Oktober 2024)

Klimasorgen unter Älteren: Gut jede vierte Person in der zweiten Lebenshälfte (28 Prozent) nahm 2023 eine hohe Bedrohung durch die Klimakrise wahr. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen. Gut die Hälfte (51 Prozent) schätzte die Bedrohung im mittleren Bereich ein, gut jede fünfte Person (21 Prozent nahm nur eine geringe Bedrohung durch die Klimakrise wahr. Der Klimawandel wird als deutlich größere Bedrohung wahrgenommen als die Corona-Pandemie. Frauen sehen sich durch die Klimakrise stärker bedroht als Männer. Hingegen gab es keine Unterschiede zwischen Einkommens- und Bildungsgruppen. Personen mit guter subjektiver Gesundheit nehmen eine geringere Bedrohung durch die Klimakrise wahr. Menschen, die Kinder, aber keine Enkelkinder haben, nehmen eine stärkere Bedrohung durch die Klimakrise wahr, als diejenigen mit Enkelkindern. Den »Deutschen Alterssurvey« zur wahrgenommenen Bedrohung durch den Klimawandel in der zweiten Lebenshälfte gibt es hier als PDF. (Mai 2024)

Klimabewusstsein Fünfzehnjähriger: 83 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Bundesrepublik geben eine hohe umweltbezogene Informiertheit an (über dem OECD-Durchschnitt); dies sagen Jungen häufiger als Mädchen und Gymnasiasten häufiger als Jugendliche anderer Schulformen. Die umweltbezogene Selbstwirksamkeit wird hierzulande geringer als in anderen OECD-Staaten eingeschätzt, wobei sich die Jungen wie auch den Vergleichsstaaten selbstwirksamer einschätzen als die Mädchen. Umweltbezogene Werthaltungen werden in der BRD von 67 Prozent der Fünfzehnjährigen berichtet (weniger als im OECDU-Durchschnitt), Gymnasiasten sowie Mädchen geben häufiger als ihre jeweilige Vergleichsgruppe an, dass ihnen der Schutz der Umwelt wichtig ist. Bei der konkreten Umsetzung ins Tun liegen alle selbstberichteten umweltbezogenen Aktionen hierzulande Deutschland unter dem OECD-Durchschnitt. Die 2022 erschienene Kurzstudie findet sich hier. (Mai 2024)

Dreiecksbeziehung: In einem Forschungsbericht skizzieren Dennis Eversberg und Kolleginnen einen »neuen sozial-ökologischen Klassenkonflikt«, der sich grob gesprochen in einer »Dreiecksbeziehung zwischen einem konservativ-steigerungsorientierten, einem ökosozialen und einem defensiv-reaktiven Spektrum« entfaltet. Auf der Basis von 4.000 Befragungen zu Einstellungen, Sichtweisen und Gefühlslagen bezüglich gesellschaftlich-ökologischem Wandel sowie zu Alltagsgewohnheiten und sozio-ökonomischer Situation werden zehn Mentalitäten mit je spezifischen sozialen Lagen und daran anknüpfenden Interessen bestimmt, die sich zu den oben genannten drei Mentalitätsspektren zusammenfassen lassen. Ausgetragen werden Konflikte auf mehreren Dimensionen entlang von mentalen wie sozialstrukturellen Gegensätzen: »der Abstraktionskonflikt zwischen ›Oben‹ und ›Unten‹, in dem große Teile der Bevölkerung vor allem im unteren Sozialraum sich von gesellschaftlichen Steigerungserwartungen und beschleunigten Veränderungsprozessen überfordert und darüber von ›der Gesellschaft‹ überhaupt entfremdet sehen, was Ressentiments und regressive Abwehrbewegungen gegen ›die da Oben‹ hervortreibt; der Lebensweisekonflikt zwischen privaten Eigentumsinteressen und Bedarfen an öffentlichen, geteilten Infrastrukturen der alltäglichen Bedürfnisbefriedigung; der Veränderungskonflikt um das Ob, die Reichweite, die Kosten und Lasten der Transformation; und schließlich der Externalisierungskonflikt um die Kostenauslagerung der bisherigen fossilen Lebensweise«. In dem Forschungsbericht wird diese mehrdimensionale Konfliktlage politisch skeptisch bewertet und es werden Vorschläge für eine »sensibilisierte Transformationspolitik« gemacht. Für Sommer 2024 ist ein Buch zum Thema angekündigt. (April 2024) 

Deutungsmuster von Lohnabhängigen: Auf Basis von ausführlichen Befragungen von gewerkschaftlich orientieren Beschäftigten der Wertschöpfungskette Automobil, der Handelslogistik sowie Pflegekräften aus Krankenhäusern 2020 und 2021 stellt Thomas Goes »politische Tiefenbohrungen in das Alltagsbewusstsein, die Argumentationsweisen und -logiken« vor, um Haltungen zu Ungleichheit und Klimapolitik zu beschreiben und zu clustern. Goes unterscheidet als Deutungsmuster die Sozialrebellischen Nationalisten, Soziale Gemeinwohldemokrat*innen, Die-Ökologie-Zuerst-Bewegten, (Enttäuschter) Sozialliberalismus, Exklusiver Sozialpopulismus, Leistungsorientierter Sozialkonservativismus. Der Untersuchung liegt ein normativer Anspruch zugrunde, in den sechs Deutungsmustertypen unterschiedliche politische Potenziale sowie »Anknüpfungspunkte und Herausforderungen für ökosozialistische Politik« zu finden: »Ohne Brückenschlag zwischen mehreren Gruppen, die auf verschiedene Deutungsmuster zurückgreifen, kann ein ökosozialistisches Projekt jedenfalls nicht gelingen.« Goes hat die Ergebnisse seiner Studien in »Grüner Sozialismus? Über das politische Bewusstsein von Arbeiter*innen in Zeiten des Umbruchs« ausführlich dargelegt; dieses findet sich hier zum Download. (März 2024) 

Sorgen um Umweltthemen: Einer Umfrage für die Bertelsmann-Stiftung unter 18- bis 30-Jährigen in Deutschland und neun weiteren europäischen Ländern zufolge sind die Befragten aller Altersgruppen hierzulande »sehr besorgt über den Klimawandel; auf der Liste der Sorgen steht er an erster bzw. zweiter Stelle. Auch junge Menschen in anderen europäischen Ländern machen sich viele Sorgen um Umweltthemen. Insbesondere in Bezug auf den Klimawandel sind die Befürchtungen der jungen allerdings nicht größer als die der älteren Generation. Tatsächlich geben aus der Gruppe der 31- bis 70-Jährigen sogar mehr Menschen an, einer umweltbewussten Lebensweise zu folgen, als es die jüngeren Befragten tun. Die jungen Erwachsenen sorgen sich also um den Klimawandel, aber sie besetzen das Thema längst nicht allein. Ältere in Deutschland (31 bis 70 Jahre) haben ein noch höheres Umweltbewusstsein als Jüngere. Auch haben die Älteren ein noch größeres Interesse an einem ökologischen und nachhaltigen Lebensstil als Jüngere.« Hier geht es zur Studie. (Februar 2024)

Für aktive staatliche Eingriffe: Eine Vorreiterrolle der Bundesrepublik bei der Bekämpfung der Klimakrise wird von etwas mehr als der Hälfte hierzulande begrüßt; das ist das Ergenis einer Befragung des ifo Instituts. »Die Investitionen zur Erreichung von Klimaneutralität sollen primär von den Unternehmen getragen werden, aber überraschenderweise in geringerem Ausmaß als von Experten geschätzt. Als effektivste Maßnahmen sehen die meisten Befragten interventionistische Instrumente, während die von Expertinnen und Experten favorisierte CO2-Bepreisung wenig Anklang findet. Die beliebteste Verwendung der potenziellen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung ist die Förderung klimafreundlicher Maßnahmen«. Die Umfrage zeige, so das Institut, »dass die Meinung der Bevölkerung substanziell von den Meinungen und Schätzungen von Experten abweicht. Diese Diskrepanz kann den Stillstand in der Klimapolitik erklären.« Am besten wurde die gezielte Subventionierung von klimafreundlichen Maßnahmen, etwa Förderung von E-Autos oder von Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen bei Gebäuden bewertet (28 Prozent). Dann folgen »Gebote zu klimafreundlichen Maßnahmen«, zum Beispiel Mindeststandards beim Hausbau, sowie »Verbote klimaschädlicher Maßnahmen«, etwa eine Absenkung von Tempolimits oder das Verbot von Gasheizungen (jeweils 16 Prozent). »Nimmt man diese konzeptionell sehr ähnlichen Maßnahmen zusammen, werden aktive staatliche Eingriffe in Marktentscheidungen von der Bevölkerung sogar insgesamt präferiert.« Marktlösungen kommen demnach nicht so gut an: »Die CO2-Bepreisung ist eher unpopulär« (8 Prozent Befürwortung); noch weniger finden moralische Appellen durch die Politik Anklang (6 Prozent). Auffällig: Rund ein Viertel der befragten Personen fühlt sich gar nicht in der Lage, das beste Politikinstrument zu bestimmen. Die Studie findet sich hier. (Januar 2024)

Kein Generationenkonflikt: Das Thema Klima hat für die Menschen in der Bundesrepublik eine hohe Wichtigkeit - und zwar in allen Altersgruppen. »Entgegen der Erwartungshaltung geben ältere Altersgruppen sogar häufiger als jüngere Altersgruppen an, dass ihnen Klimaschutz sehr wichtig ist und sie sich im Alltag klimafreundlich verhalten«, so fasst die CDU-nahe KAS die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage zu Einstellungen im Bereich Klimaschutz und klimafreundlichem Verhalten zusammen. Demnach geben ältere Altersgruppen (über 55 Jahre) häufiger an als die jüngeren, dass ihnen der Klimaschutz sehr wichtig ist. Ältere Generationen achten den Zahlen zufolge im Alltag stärker darauf, sich umwelt- und klimafreundlich zu verhalten als jüngere Generationen. In allen Parteianhängerschaften – mit Ausnahme der AfD – besitzt das Thema Klimaschutz eine sehr hohe Wichtigkeit. In der »Süddeutschen« wird über die Studie unter anderem dies Berichtet: »Mit zunehmendem Alter gaben die Teilnehmer viel häufiger an, voll und ganz umwelt- und klimafreundlich zu leben: Bei den 16- bis 25-Jährigen waren es nur 22 Prozent, bei den 66- bis 75-Jährigen schon 46 Prozent und bei den noch älteren sogar 62 Prozent. Die hohe Zustimmung der über 75-Jährigen lasse vermuten, dass die Sozialisation in der Nachkriegszeit eine Rolle spiele, heißt es in der Studie. Wegen der knappen materiellen und finanziellen Ressourcen sei Nachhaltigkeit damals ein Gebot der Stunde gewesen.« Als weitere  Erklärung für die Differenz wird angeboten, dass die 66- bis 75-Jährigen und die noch Älteren jene Gruppen seien, »die im (jungen) Erwachsenenalter die Umweltbewegung der 1970er-Jahre vollumfänglich miterlebten«, was bis heute »Einfluss auf die Eigenwahrnehmung haben« könne. »Gleichzeitig werden jüngere Altersgruppen durch die zunehmende Sensibilisierung für Konsumauswirkungen geprägt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass verschiedene Altersgruppen unterschiedlich hohe Maßstäbe für das eigene klimafreundliche Verhalten anlegen.« (November 2023)

Drei zentralen Wahrnehmungen: Eine groß angelegte Studie, für die mehr als 40.000 Menschen in 20 Ländern befragt wurden, haben Antoine Dechezlepretre und Kolleginnen vorgelegt. Untersucht wird, »wie Menschen auf der ganzen Welt den Klimawandel und die Klimapolitik wahrnehmen und verstehen, welche Faktoren ihre Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen bestimmen und welche Art von Informationen ihre politischen Ansichten verändern«. Die Studie stellt für Industrie- und Entwicklungsländer umfangreiche Daten zu Wahrnehmung, Verständnis und politischen Ansichten zum Klimawandel bereit und kombiniert diese mit Hintergrundinformationen zu ihren sozioökonomischen Merkmalen, ihrem Energieverbrauch und ihrem Lebensstil. »Wir zeigen, dass die Unterstützung der Klimapolitik in allen Ländern von drei zentralen Wahrnehmungen abhängt, die sich auf die Wirksamkeit der Maßnahmen bei der Reduzierung von Emissionen (Wirksamkeitsbedenken), ihre Verteilungswirkungen auf Haushalte mit geringerem Einkommen (Ungleichheitsbedenken) und ihre Auswirkungen auf die Haushalte der Befragten konzentrieren (Eigeninteresse)«, so die Zusammenfassung des Papiers. »Für die Förderung politischer Unterstützung ist es von entscheidender Bedeutung, zu erklären, wie politische Maßnahmen funktionieren und wer von ihnen profitieren kann, wohingegen es wirkungslos ist, die Menschen einfach nur über die Auswirkungen des Klimawandels zu informieren«, so die Autorinnen. 

Erwartungen von Beschäftigten und Gewerkschaftsmitgliedern: Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage zu Klimawandel und Arbeitswelt haben Felix Schulz und Vera Trappmann bei der Böckler-Stiftung vorgestellt. Die Untersuchung dokumentiere »erstmals mit einem Fokus auf Beschäftigte, wie diese über den Klimawandel und die anstehende sozial-ökologische Transformation denken«. Eine große Mehrheit der befragten Beschäftigten fühlt sich sehr gut oder relativ gut in Bezug auf die Ursachen (81 Prozent) und Folgen des (83 Prozent) sowie Maßnahmen (76 Prozent) gegen den Klimawandel informiert. Ein Viertel (26 Prozent) der Beschäftigten ist sehr besorgt und knapp drei Viertel (73 Prozent) sind sehr oder ziemlich besorgt - mit 27 Prozent ist für einen erheblichen Anteil der Beschäftigten hierzulande der Klimawandel wenig bis gar nicht besorgniserregend. Die Studie birgt auch Daten zu den Emotionen zum Klimawandel; hier wird unter anderem angemerkt, dass vor dem Hintergrund von »Debatten zur Rolle von Industriestaaten als Verursacher des Klimawandels sowie geografischer und generationsübergreifender Gerechtigkeitsfragen« eine »Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland diese Debatten entweder nicht wahrnimmt oder sie wahrnimmt, aber sich davon nicht angesprochen fühlt«. Trotz der durch den Klimawandel eingetretenen Ereignisse nehmen mehr als vier von zehn Beschäftigten diese entweder nicht als »größere« Auswirkungen wahr oder assoziieren sie nicht direkt mit dem Klimawandel. Mehr als zwei Drittel (70 Prozent) der Befragten sehen eine »äußerste« oder »hohe« Dringlichkeit im Kampf gegen den Klimawandel; dies ist auch unter Gewerkschaftsmitgliedern so. »Überraschend sind dafür die Unterschiede bei der zeitlichen Verortung der ersten größeren Auswirkungen des Klimawandels«, so die Studie. »Zwar erwarten knapp drei Viertel (73 Prozent) der Gewerkschaftsmitglieder, bis 2030 die ersten größeren Auswirkungen des Klimawandels, gegenüber 78 Prozent der Nicht-Mitglieder. Aber nicht einmal die Hälfte der Gewerkschaftsmitglieder gibt an, diese Auswirkungen bereits heute zu spüren, während dies 61 Prozent der Nicht-Mitglieder angeben.« Die größte Verantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels wird sehr deutlich bei der Bundesregierung verortet, gefolgt von Unternehmen. 31 Prozent bei Einzelpersonen durch ein entsprechendes Konsum- und Umweltverhalten, und 19 Prozent bei Gruppen und Organisationen auf Gemeindeebene durch lokale Initiativen. Am meisten Zuspruch gibt es für die Subventionierung von erneuerbaren Energiequellen (66 Prozent), gefolgt von der Finanzierung integrierter öffentlicher Verkehrssysteme (65 Prozent) und hohen staatlichen Investitionen in die Dämmung bestehender Häuser (62 Prozent). Mehr als die Hälfte (52 Prozent) unterstützt die Überführung der Energieerzeugung in öffentliches oder kommunales Eigentum, Arbeitszeitverkürzung ohne Lohneinbußen (56 Prozent) und mehr Investitionen in die Care Ökonomie anstatt in die industrielle Produktion (57 Prozent). Interessant: »Gewerkschaftsmitglieder zeigen auf der einen Seite mehr Unterstützung für Maßnahmen wie die Überführung der Energieunternehmen in öffentliches oder kommunales Eigentum, einen höheren CO2-Preis und einen CO2-Grenzmechanismus und befürworten auf der anderen Seite zu einem erheblich höheren Anteil größere Mengen an fossilen Energiequellen für die Stromerzeugung.« Die Studie zeigt zudem »klare Zusammenhänge zwischen kognitiven bzw. affektiven Klimabewusstseinsdimensionen und konkreten Handlungen. Acht von zehn (82 Prozent) Befragten, die angeben, dass der Klimawandel keine Dringlichkeit hat, üben keine der aufgelisteten Aktivitäten zur Bekämpfung des Klimawandels aus. Andersherum, geben nur sieben Prozent der Befragten, die meinen, dass der Klimawandel mit äußerster Dringlichkeit bekämpft werden muss, an, keine Aktivitäten auszuüben.« 

Einstellung zur Energiewende: Fast neun von zehn Haushalten halten die Energiewende für wichtig oder sehr wichtig - und die Bedeutung nimmt weiter zu. Das ist ein Ergebnis aus dem KfW-Energiewendebarometer 2023, für die von Dezember 2022 bis April 2023 eine deutschlandweit repräsentative Befragung erfolgte. »Die hohen Zustimmungswerte zeigen sich dabei über verschiedene soziodemografische Gruppen und Regionen in Deutschland«; Gründe für kleinere Unterschiede »können einerseits in der Altersstruktur der Bevölkerung liegen«; »gleichzeitig können Einkommenseffekte zur Erklärung beitragen«. Allerdings findet diese Erhebung »keine spürbaren Unterschiede« bei den Einstellungen zur Energiewende getrennt nach Haushaltsnettoeinkommen. »Für fast die Hälfte der Haushalte hat die Energiewende im vergangenen Jahr an Bedeutung gewonnen«, heißt es in der Studie weiter. »Die Unsicherheiten der vergangenen Monate scheinen somit – unabhängig von den ökonomischen Auswirkungen – die Relevanz der Energiewende für viele Haushalte sogar erhöht zu haben.« Ein Teil der Befragung fand bereits vor dem Hintergrund der Diskussion über die Novelle des Gebäude-Energie-Gesetzes statt; alle Antworten wurden vor dem Hintergrund gestiegener Energiepreise sowie der Diskussionen über Unabhängigkeit bei der Energieversorgung gegeben. »Deutlich verbessert haben sich die Einschätzungswerte zur Fairness der Energiewende«, so die KfW: »Aktuell glauben rund 43 Prozent der Haushalte, dass die Politik bei der Energiewende eine faire Lösung für alle gesellschaftlichen Gruppen anstrebt, im Vorjahr waren es nur 32 Prozent. Hier habe es »lediglich bei der Gruppe der Haushalte, die die Energiewende für nicht wichtig halten«, keine Verbesserung gegeben. Schlussfolgerung der KfW: »Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die wirtschaftspolitischen Entlastungsmaßnahmen« (ua, Gas- und Strompreisbremse) »durchaus bei den Haushalten zu einer verbesserten Fairnesswahrnehmung geführt haben«. Auch die Handlungsbereitschaft der Haushalte, selbst mit Beiträgen in der Energiewende aktiv zu werden, ist leicht gestiegen. Der Anteil der Haushalte mit einer hohen Bereitschaft, sich zB Photovoltaik aufs Dach installieren zu lassen, Heizungen auszutauschen, zu dämmen usw. stieg von 29 auf 37 Prozent. Fast ein Drittel der Haushalte nutzt inzwischen mindestens eine Energiewendetechnologie. Kurzfristig erwartet die KfW größte Zuwächse bei Photovoltaikanlagen und Batteriespeichern. Zwar sind »Energiewendehaushalte« deutlich häufiger in höheren Einkommensgruppen vertreten (42 Prozent im vierten Quartil vs. 25 Prozent im ersten Quartil); allerdings konnte »ein deutlicher Anstieg der Energiewender« auch bei den Haushalten mit geringen Einkommen beobachtet werden. Hingegen zeigte sich in den mittleren Einkommensregionen »weniger Bewegung«.

Allgemeine Zustimmung, allgemeine Sorgen: Die 2022er Ausgabe der Umweltbewusstseinsstudie von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium ist Anfang August 2023 veröffentlicht worden und zeigt, »dass auch in Zeiten vielfältiger Krisen Umwelt- und Klimathemen immer noch stark im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert sind. So spürt beispielsweise die überwiegende Mehrheit die Folgen des Klimawandels bereits deutlich und hält Maßnahmen zur Anpassung für erforderlich. Auch beim Schwerpunktthema der aktuellen Studie, dem umwelt- und klimafreundlichen Umbau der deutschen Wirtschaft, zeigt sich, dass eine breite Mehrheit hinter einem ambitionierten ökologischen Politikpfad steht«, heißt es beim Umweltbundesamt. Der Befragungszeitraum liegt allerdings schon etwas zurück; die repräsentative Feldarbeit datiert vom Sommer 2022. Ein Schwerpunkt diesmal: der umwelt- und klimafreundliche Umbau der Wirtschaft. Dieses Ziel ganz allgemein unterstützt eine Mehrheit von gut 90 Prozent sehr oder eher. Allerdings gaben auch drei Viertel der Befragten der Befürchtung Ausdruck, dass die ökologische Transformation die soziale Kluft vergrößert, etwa 40 Prozent bekunden Angst vor sozialen Abstieg aufgrund des Umbaus. Die komplette Studie findet sich hier; ein ergänzender Tabellenband ist hier abrufbar.

Umwelteinstellungen 1971 bis 2019: Zur Einordnung von punktuellen Befragungsergebnissen in einen größeren zeitlichen Rahmen hilfreich ist eine Zeitreihenanalyse anhand externer Datenquellen, die das Umweltbundesamt schon 2020 vorgelegt hat. Sie ergänzt die Umweltbewusstseinsstudien um »zusätzliche Einblicke« dahinein, »wie sich Einstellungen zu ökologisch relevanten Themen in der Bevölkerung in Deutschland entwickelt haben«. Neben der Erfassung umweltbezogener Einstellungen werden in der Analyse »auch Daten zu anderen gesellschaftlichen Handlungsfeldern herangezogen, um eine Einordnung derselben in einen breiteren soziohistorischen Kontext zu ermöglichen«. Mit Blick auf umweltrelevante Wahrnehmungen werden dabei unterschiedliche Konjunkturen ausgemacht, »eine zunächst noch sehr ausgeprägte Wahrnehmung von Umweltproblemen Anfang der 1990er wurde bald von anderen Fragen (Arbeitslosigkeit, Migration) verdrängt; seit Mitte der 1990er Jahre »spielen Umweltprobleme im Vergleich zu anderen eine (eher) untergeordnete Rolle; lediglich einzelne medienwirksame Ereignisse (insbesondere Umweltkatastrophen) lenken sporadisch eine verstärkte Aufmerksamkeit auf die ökologischen Herausforderungen«. Dies ändert sich dann »im Laufe des Jahres 2019«, der Klimaschutzes rückt »sehr deutlich in den Vordergrund der allgemeinen Problemwahrnehmungen«. Thematisch zeigen sich im Zeitverlauf Verschiebungen der Aufmerksamkeit zwischen einzelnen Themen und Problemlagen. Ein Ansteigen oder Absinken der Problemwahrnehmungen, so die Analyse, könne »nicht durch allgemeine oder gar monokausal betrachte Ursachen erklärt werden«, vielmehr gibt es unterschiedliche, teils widersprüchliche Effekte - so könne etwa erfolgreiche Problemlösung die Relevanz des Problems geringer erscheinen lassen; länger andauerndes Bestehen des Problems könne zu Gewöhnung und somit Aktualitätsverlust führen, neu auftretende Herausforderungen können bestehende Probleme überlagern usw. »Nicht zuletzt hat der Wertewandel – und mit ihm das Auftreten neuer, durch veränderte Herausforderungen und Ansprüche geprägter Generationen – einen wesentlichen Einfluss darauf, welche Problemlagen als drängend und vorrangig angesehen werden«, so die Studie.

Bewertung der Klimabewegung: Laut neuer Umfragedaten der Nichtregierungsorganisation More in Common aus dem Mai 2023 hat es »massive Verschiebungen in der Bewertung der Klimabewegung« in kurzer Zeit gegeben; »die allgemeine Unterstützungsbereitschaft gegenüber Klimaschützerinnen und -schützern hat sich de facto seit 2021 halbiert, von 68 auf 34 Prozent. Auch »die Zustimmung zur Aussage ›Die Klima- und Umweltbewegung in Deutschland hat das Wohl der gesamten Gesellschaft im Blick‹« sei »von 60 auf 25 Prozent abgestürzt ist«. Weitere Zahlen, etwa zur Unterstützung von Blockadeaktionen, dem als geboten angesehenen Maß von Protestaktionen, zur Kommunikation und Offenheit »der Klimabewegung« für eigenes Engagement, finden sich hier. In zusätzlich durchgeführten qualitativen Forschungsgesprächen würden »viele Menschen die grundsätzliche Notwendigkeit von starken Aktionen für den Klimaschutz durchaus anerkennen, und die Straßenblockaden auf dieser Ebene teils verteidigen«; es sei also »vielen Menschen möglich, die konkreten Proteste in ihrer Machart abzulehnen und dennoch um die Bedeutung von Klimaengagement zu wissen«. Man habe bereits vor zwei Jahren darauf hingewiesen, »dass die Klimadebatte ein großes destruktives Potenzial haben kann, wenn sie falsch läuft. Falsch laufen heißt: wenn sie Menschen entlang kultureller Gräben gegeneinander in Stellung bringt. Stattdessen sei »eine verbindende Klimadebatte« nötig, in der Klimapolitik vor allem »als positive Gestaltungspolitik« vorkommt, nicht als »Verlust- und Sanktionierungspolitik« wahrgenommen wird.

Ansichten über Proteste und Klimaschutz: Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) vom Juni 2023 finden zwar radikale Klimaproteste bei der Mehrheit der Bundesbürger keine Unterstützung. »Eine ablehnende Haltung zu radikalen und konfrontativen Protesten bedeutet jedoch nicht, dass Menschen den Klimaschutz weniger wichtig finden«, so das WZB. Für die Studie waren im Januar 2023 2.800 repräsentativ ausgewählte Erwachsene in Deutschland in einem experimentellen Setting befragt und mit drei Protest-Szenarien konfrontiert worden. »Obwohl radikale Protestformen von der Mehrheit abgelehnt werden, überträgt sich die negative Dynamik nicht auf die individuellen Präferenzen für den Klimaschutz. Konfrontiert mit den verschiedenen Protestformen zeigen alle Befragten eine gleich hohe Zustimmung für die Aussage, dass die Bundesregierung den Klimawandel entschiedener bekämpfen sollte. Die Zustimmungswerte liegen zwischen 52 und 55 Punkten.« Und: »Alarmismus und apokalyptische Aussagen zeigen hingegen fast keine Wirkung auf die öffentliche Wahrnehmung von Klimaprotesten.« Der Analysebericht zur Studie »Environmental Protest Effects on Public Opinion: Experimental Evidence from Germany« ist hier im Netz zu finden.

Sechs Klima-Prototypen: Für Einstellungen, Verhaltensweisen und Überzeugungen der Bevölkerung bei umwelt- und klimapolitischen Fragen interessiert sich eine Studie von Pollytix im Auftrag des Bundesumweltministeriums die zwei Jahre bis Mai 2021 lief. Im ersten Schritt wurde dazu eine »Segmentierung der Bevölkerung entlang des Themas Klimabewusstsein und Akzeptanz von Maßnahmen« über Tiefeninterviews, Fokusgruppen und eine repräsentative Bevölkerungsbefragung vorgenommen; danach wurden Erkenntnisse in sechs weitere Erhebungswellen zu verschiedenen politischen Schwerpunktthemen vertieft, wobei wiederum jeweils eine qualitative Untersuchung in sechs Fokusgruppen mit einer quantitativen telefonischen Befragung kombiniert wurden, in denen unter anderem staatliche Maßnahmen wie das »Klimapaket« vom September 2019 Thema waren. Ein Ergebnis des Forschungsprojekts: Aus der Kombination der Problembewusstseins- und der Ressourcendimension werden sechs Prototypen in der Bevölkerung unterschieden, die unterschiedliche Einstellungen und Zugänge zu Umwelt- und Klimaschutzpolitik aufweisen, wobei diese Differenzen über einfache Raster nur soziodemografischer Kriterien wie Alter, Geschlecht oder Einkommen hinausgehen. Die Studie nennt Ideologische Skeptische (7 Prozent der Bevölkerung), Ambivalente Zweifelnde (20 Prozent), Kostenbewusste Pragmatische (12 Prozent), Aktivierbare Optimistische (30 Prozent), Prekäre Überzeugte (6 Prozent) sowie Progressive Ungeduldige (25 Prozent). (Vgl. dazu die Typologisierung der Umweltbewusstseinsstudie des UBA - siehe weiter unten) Insgesamt ist das Problembewusstsein in Sachen Klimakrise in der Bevölkerung hoch. Von der Politik wird erwartet, mehr zu tun. Großer Handlungsbedarf wird in der Regulierung der Industrie gesehen; hingegen wird eine Dringlichkeit für CO2-Einsparungen im Verkehrssektor nur gering akzeptiert. »Je konkreter die Maßnahme als Einschränkung des individuellen Lebensstils verstanden wird und individuelle Mehrkosten verursachen kann, desto größer die Ablehnung.« Als eines »der größten Hemmnisse« für klimafreundliches Verhalten nennt die Studie, dass die direkten Folgen der Klimakrise »für einen Teil der Bevölkerung nicht vorstellbar« sind oder »abstrakt immer in weite zeitliche Ferne gerückt« werden. Abschließend formuliert die Studie eine Reihe forschungsbasierter Empfehlungen für Klimapolitik und Klimakommunikation.

Globale Klimaumfragen der EIB: Die Europäische Investitionsbank beauftragt seit 2018 wiederkehrend umfassende Klimaumfragen in Europa, China und den USA. Die Studien interessieren sich für Einstellungen und Erwartungen der Menschen zum Klimaschutz; seit 2022 werden auch Befragte aus zehn Ländern in Afrika und im Nahen Osten einbezogen. Die EIB sieht sich als die »Klimabank der EU« und ist einer der wichtigsten Klimafinanzierer weltweit. Die jüngsten Ergebnisse der inzwischen fünf Umfragewellen sind im März 2023 veröffentlicht worden; in den länderspezifischen Auswertungen zeigt sich zum Beispiel, dass in der Bundesrepublik 59 Prozent strengere staatliche Maßnahmen der Klimapolitik befürworten, um das individuelle Verhalten zu ändern (69 Prozent der unter 30-Jährigen). Dazu gehört für viele auch die Option eines individuellen CO2-Budgets, das pro Person und Jahr eine begrenzte Anzahl an Emissionsrechten für CO2-intensives Konsumverhalten (nichtessenzielle Güter, Flüge oder Fleisch) zuweist. In anderen europäischen Ländern liegt die Zustimmung zwischen 44 und 64 Prozent. »Interessant ist, dass sich die Befürworter dieser Maßnahme in Deutschland gleichmäßig über alle Einkommensgruppen verteilen«, so die EIB: 57 Prozent der Befragten mit niedrigerem Einkommen, 58 Prozent der Befragten mit mittlerem und 56 Prozent der Befragten mit höherem Einkommen sind dafür. In vorigen Klimaumfragen zeigte sich eine hohe Zustimmung zur Besteuerung CO2-intensiver Verkehrsmittel oder zu speziellem Unterricht zu den Themen Klimawandel und Abfalltrennung. Hier findet sich die Auswertung der Umfrage in Ägypten, Angola, Côte d'Ivoire, Kenia, Jordanien, Kamerun, Marokko und Tunesien: Dort sagen zusammengefasst 88 Prozent, dass sich der Klimawandel bereits auf ihren Alltag auswirkt und 61 Prozent glauben, dass der Klimawandel und Umweltschäden ihr Einkommen oder ihre Existenzgrundlage beeinträchtigen.

Klimaschutz in Kommunen: Nicht um individuelle Einstellungen zur Klimapolitik, sondern um Entwicklungen und Handlungsbedarfe in den Kommunen geht es in der bisher vier Mal erhobenen Umfrage des Deutschen Instituts für Urbanistik zum Thema »Klimaschutz, erneuerbare Energien und Klimaanpassung in Kommunen«. Die jüngsten Ergebnisse (nach 2008, 2012 und 2016) wurden 2020 vorgestellt und konzentrierten sich unter anderem auf Informationen und Entwicklungen im kommunalen Klimaschutz, bei der Nutzung erneuerbarer Energien und bei kommunalen Anpassungsstrategien. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund der schwierigen kommunalen Haushaltslage und der Fülle verschiedener Aufgaben, die die Kommunen zu bewältigen haben. » Das Spektrum an Instrumenten, Verfahren, beteiligten Akteuren und Kooperationspartnern im kommunalen Klimaschutz ist inzwischen vielfältig: Neben Energiesparprojekten und einer verstärkten Nutzung regenerativer Energien sind dies vor allem Maßnahmen im Bereich der Gebäudeenergieeffizienz oder Vorhaben zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs sowie Aktivitäten in der Beratung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Die defizitäre Haushaltslage einiger Kommunen, der Sanierungsstau bei vielen Liegenschaften, Personalmangel oder fehlendes Fachpersonal erschweren aber – trotz erheblicher Anstrengungen – teilweise Investitionen und damit die Umsetzung von Maßnahmen für mehr Klimaschutz und Klimaanpassung«, so der unterstützende Deutsche Städte- und Gemeindebund zu den Ergebnissen.

Umfragen der Handlungsbereitschaft: Der Planetary Health Action Survey, PACE, trägt Ergebnisse aus dem wiederholten querschnittlichen Monitoring von Wissen, Risikowahrnehmung, Vertrauen, Einstellungen und Verhalten in der Klimakrise zusammen. Das Projekt verschiedener wissenschaftlicher Institutionen »wirft einen psychologischen Blick auf den Klimawandel und betrachtet vor allem die Handlungsbereitschaft zum Klimaschutz«. Mitte März 2023 sind die Ergebnisse der 14. Welle veröffentlicht worden, es geht darin unter anderem um die Akzeptanz verschiedener Formen von Klima-Aktivismus. Themen des Langzeitprojektes sind außerdem Bereitschaft zur Mitgestaltung, zum Protest sowie Zusammenhänge der klimapolitischen Handlungsbereitschaft mit verschiedenen Einflussfaktoren wie etwa den Energiepreisen oder nach Parteipräferenz. Zusammenfassende Berichte zum Projekt und den Ergebnissen finden sich unter anderem hier und hier.

Verbrenner-Aus statt Autobahnbau: Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hierzulande ist für alternative Antriebe, mehr ÖPNV, autofreie Städte und ein Verbrenner-Aus. Der Ausbau von Autobahnen und Straßen wird dagegen von einer knappen Mehrheit abgelehnt. Das sind zusammengefasst die Ergebnisse der jüngsten Umfrage unter Verbraucherinnen und Verbrauchern, welche die Deutschen Energie-Agentur sei 2018 jährlich in Auftrag gibt und deren letzte Ausgabe im März 2023 vorgestellt wurde. Die Ergebnisse sollen »einen guten Einblick in das aktuelle Mobilitätsbild der deutschen Bevölkerung geben«. Die Schwerpunkt der Befragungen »liegen auf den Kaufpräferenzen nach Antriebsarten bei Pkw, der Einstellung gegenüber der Elektromobilität, dem Wissensstand zu Antriebstechnologien sowie der Einstellung gegenüber aktuellen verkehrspolitischen Maßnahmen«. Die Ergebnisse früherer dena-Mobilitätsumfragen finden sich hier.

Starke regionale Unterschiede: Die Haltung der Bevölkerung zu klimapolitischen Maßnahmen wird in der Regel auf nationaler Ebene über Umfragen gemessen. Regionale Unterschiede unterhalb von bisweilen erhobenen Ost-West-Daten bleiben dabei meist außer Acht. Im Rahmen des Ariadne-Projektes, in dem schwerpunktmäßig analysiert wird, welche politischen Maßnahmen geeignet sein könnten, damit die Bundesrepublik ihre Klimaschutzziele erreichen kann, werden geographische und zeitliche Unterschiede in der Zustimmung untersucht - die Befürwortung einzelner Maßnahmen variiert teilweise um bis zu 60 Prozentpunkte. Sie zeigen allerdings auch, so ein Bericht zu den Ergebnissen, »dass die Menschen oft viel weiter sind, als selbst Politiker denken«. Die im März 2023 vorgestellten Daten basieren auf zwei bundesweit repräsentativen Panelstudien, die zwischen 2017 und 2021 durchgeführt wurden, auf Zensusdaten sowie einer zusätzlich durchgeführten räumlichen Panelanalyse. Bei den beiden Umfragen handelt es sich um das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer sowie das Ariadne Wärme- & Wohnen-Panels, die ebenfalls im Rahmen des Kopernikus-Projekts erhoben wurden.

Veränderungen des Naturbewusstseins: Bereits zum siebten Mal sind im März 2023 neue Ergebnisse der Studienreihe Naturbewusstsein veröffentlicht worden; die Bevölkerungsumfrage zu Natur und biologischer Vielfalt wird im zweijährigen Turnus seit 2009 durch das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz herausgegeben. »Neben der Beobachtung von Veränderungen des Bewusstseins durch Wiederholungsfragen werden neue Themen von aktueller naturschutzpolitischer Relevanz aufgegriffen. Inhaltlicher Schwerpunkt der vorliegenden Studie bilden die gegenwärtigen Krisen mit Bezug zur Natur: die Ökosystemkrise und der Verlust der biologischen Vielfalt, die Klimakrise sowie die Corona-Pandemie«, heißt es zur neuesten Ausgabe, deren Daten im Herbst 2021 erhoben wurden. Deutlich zugenommen hat eine negative Bewertung des Zustands von Natur und Landschaft in Deutschland. 88 Prozent der Erwachsenen sind der Meinung, dass Naturschutz notwendig ist, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Dass der Naturschutz in Krisenzeiten mit weniger Geld auskommen muss, lehnte fast die Hälfte der erwachsenen Befragten ab. Die Bereitschaft, einen umfassenden Wandel der Lebens- und Wirtschaftsweisen durch einen nachhaltigen und naturverträglichen Lebensstil mitzutragen, ist hoch ausgeprägt. Die aktuelle Studie präsentiert zudem einen neuen Bewusstseinsindikator für biologische Vielfalt für die Erwachsenenbevölkerung. Der neue empirische Indikator betrachtet das Antwortverhalten der Befragten hinsichtlich relevanter psychologischer Faktoren, die im Zusammenhang zu umwelt- und naturverträglichem Verhalten stehen. Es sei wiederholt sichtbar geworden, »dass Angehörige der gehobenen Milieus ein deutlich höheres Naturbewusstsein äußern als Angehörige der gesellschaftlichen Mitte oder der sozial schwächer gestellten Milieus. Im Gegensatz zu diesen haben gesellschaftlich besser gestellte Personenkreise aber eine deutlich schlechtere Ökobilanz und einen ressourcenintensiveren Lebensstil.«

Hohe Zustimmung zu grüner Investitionsoffensive: Laut einer im Januar 2023 erhobenen Umfrage für den Deutschen Naturschutzring zeigten sich zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) nicht zufrieden mit der Klima- und Energiepolitik der Bundesregierung. Gut drei Viertel (77 Prozent) der Bürger*innen finden es nicht gut, wie sich die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energiequellen bislang entwickelt hat. Eine große Mehrheit von 80 Prozent befürwortet laut den im Februar vorgestellten Ergebnissen eine Investitionsoffensive zur Förderung klimafreundlicher Technologien nach dem Vorbild der klimapolitischen Teile des Inflation Reduction Act in den USA. Für am besten geeignet, um die Akzeptanz von neuen Anlagen für erneuerbare Energien zu steigern, halten viele Befrfagte (78 Prozent) finanzielle Vorteile für Anwohner*innen, etwa durch ermäßigte Strompreise, bzw. für Kommunen (51 Prozent). 68 Prozent sehen eine frühzeitige Beteiligung an der Planung und Mitentscheidungsmöglichkeiten als akzeptanzsteigernd. 60 Prozent wollen, dass Betreiber verpflichtet werden, Bürger*innen eine Beteiligung an den Anlagen zu ermöglichen.

Russlands Krieg erhöht Akzeptanz für Erneuerbare: Laut der von der Agentur für Erneuerbare Energien seit vielen Jahren durchgeführten Umfragen zur Akzeptanz von Erneuerbaren Energien, ist diese in der Bevölkerung zuletzt gestiegen. Für 2022 wurde wieder eine sehr hohe Akzeptanz von 86 Prozent ermittelt, 2021 waren es 83 Prozent. Geht es um den potenziellen Bau neuer Anlagen in der Umgebung des eigenen Wohnortes, ist die Zustimmung für Solarparks, Solardächer und Windenergieanlagen am höchsten. Die steigenden Energiekosten während der Krise haben einen starken Einfluss auf die zunehmende Bedeutung der Erneuerbaren Energien. 44 Prozent antworteten, dass sie sich schon vor der Krise für die Erneuerbaren aussprachen, 22 Prozent der Befragten sind der Meinung: »Ich finde z. B. Windräder zwar nicht toll, aber jedes, das hinzukommt, macht uns ein wenig unabhängiger.« 14 Prozent gaben an, trotz ihrer Vorbehalte lieber nachhaltige Energie vor der Haustür zu akzeptieren statt aus geopolitisch schwierigen Ländern. Nach eigenen Angaben waren 20 Prozent der Befragten vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine kein Fan der Windenergie, sind aber nun der Meinung, dass diese ausgebaut werden sollte. Acht Prozent der Befragten waren vor der Krise strikt gegen den Ausbau der Windenergie, haben ihre Meinung jedoch inzwischen geändert.

Akzeptanz durch internationale Kooperation: Wenn sich andere Länder ebenfalls im Klimaschutz engagieren, sind Menschen eher bereit, Kosten für Klimaschutzmaßnahmen mitzutragen, weil diese dann als fairer und effektiver erachtet wird. Darauf deutet eine im November 2022 veröffentlichte Studie von Michael Bechtel und anderen Forscher*innen hin. Für die Studie wurden im Frühjahr 2019 insgesamt 10.000 Menschen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA befragt. 60 Prozent der Befragten befürworteten eine CO2-Steuer, wenn auch andere Länder eine solche einführten. Gab es jedoch im Ausland keine Steuer, stimmten nur 53 Prozent zu. Bei einer internationalen Einbettung innenpolitischer Klima-Maßnahmen würde eher geglaubt, dass diese Reformen sich positiv auf soziale, wirtschaftliche, und ökologische Nachhaltigkeitsziele auswirken. Stiegen die monatlichen Haushaltskosten von einem niedrigen auf ein höheres Niveau an, im Falle Deutschlands zum Beispiel von monatlich 39 auf 77 Euro pro Haushalt, so sank die Unterstützung um sieben Prozentpunkte, wenn der CO2-Preis im Ausland niedrig blieb. Wurde der Betrag jedoch auch im Ausland angehoben, sank die Zustimmung für einen höheren CO2-Preis im eigenen Land durchschnittlich nur um nur etwa fünf Prozentpunkte.

Soziales Nachhaltigkeitsbarometer: Einstellungen, Anliegen und Bewertungen der deutschen Bevölkerung zur Ausgestaltung und Umsetzung der Energie- und Verkehrswende erhebt eine jährliche bevölkerungsrepräsentative Onlinepanelbefragung von über 6.500 Menschen im Rahmen des Kopernikus-Projekts Ariadne. Dem Sozialen Nachhaltigkeitsbarometer »liegt ein neu entwickelter Ansatz zur Messung der subjektiven Bewertung sozialer Nachhaltigkeitsaspekte in den Bereichen Energie und Verkehr zugrunde«. Dabei werden fünf verschiedene Dimensionen (Gesellschaftliche Akzeptanz, Beteiligung, Soziale Kohäsion, Lebensqualität und sozio-ökonomische Sicherheit) entlang von jeweils vier Indikatoren untersucht. Jüngste Ergebnisse stammen aus einer Befragungswelle im März und April 2022, hier sind die Daten im Vergleich zur vorigen Welle (März, April 2021) visualisiert.

Wie denken Fünfzehnjährige über das Klima? 2022 wurden Befunde zum Klimabewusstsein Fünfzehnjähriger vorgestellt, die auf einer für die Bundesrepublik repräsentativen Stichprobe und auf Befragungsdaten von 2018 beruhen. Neben den Merkmalen Geschlecht und besuchter Schulart wurde über eine Befragung der Eltern, Schulleitungen sowie der Lehrkräfte an den Schulen auch der Kontext des Klimabewusstseins der Jugendlichen erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass etwa 83 Prozent der Schüler*innen in Deutschland eine hohe umweltbezogene Informiertheit angeben und hohe naturwissenschaftliche Kompetenz zeigen (über dem OECD-Durchschnitt), die umweltbezogene Selbstwirksamkeit liegt für die Bundesrepublik unterhalb der Angaben der anderen OECD-Staaten, Jungen schätzen sich dabei als selbstwirksamer ein als Mädchen. Umweltbezogene Werthaltungen wurden hierzulande von 67 Prozent der Fünfzehnjährigen berichtet, weniger als der Durchschnitt der OECD-Staaten, gleiches gilt für die selbstberichteten umweltbezogenen Aktionen. Das Level der umweltbezogenen Aktivitäten der Eltern sowie die umweltbezogenen Werthaltungen der Jugendlichen erweisen sich als entscheidende Einflussfaktoren.

Pluralistische Ignoranz: Mit diesem Begriff aus der Sozialpsychologie wird vereinfacht gesagt ausgedrückt, dass Menschen falsch einschätzen, wie ihre Mitmenschen denken und handeln. Das spielt auch in der biophysikalischen Existenzkrise eine Rolle: Befragungen konnten zeigen, dass viele die Einstellung ihrer Mitmenschen zu Maßnahmen des Klimaschutzes falsch einschätzen. Der Psychologe Gregg Sparkman und sein Team haben über 6.100 US-Amerikanerinnen und -Amerikaner befragt - insbesondere unterschätzen 80-90 Prozent die Unterstützung für wichtige Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise und die Sorge um das Klima. So schätzten die Befragten die Unterstützung ihrer Landsleute für unterschiedliche Handlungen zum Klimaschutz auf lediglich 37 bis 43 Prozent; tatsächlich lag die Zustimmung aber, je nach Vorhaben, bei 66 bis 86 Prozent. »Somit sind die Befürworter der Klimapolitik zwei zu eins in der Überzahl, während die Amerikaner fälschlicherweise fast das Gegenteil annehmen«, so die im August 2022« veröffentlichten Ergebnisse. »Wir stellen eine Form von pluralistischer Ignoranz fest, die wir als falsche soziale Realität beschreiben: eine nahezu universelle Wahrnehmung der öffentlichen Meinung, die das Gegenteil der tatsächlichen öffentlichen Stimmung ist.« Mirjam Jenny von der Universität Erfurt und ihre Kolleg*innen konnten ähnliche Ergebnisse auch hierzulande zeigen. Im Rahmen des Projektes PACE heißt es dazu, »das Ausmaß der Zustimmung wird jedoch auch von den Befragten selbst unterschätzt: viele gehen davon aus, dass die Zustimmung zu Klimaschutzmaßnahmen geringer ausfällt, als sie tatsächlich ist.«

Hohe Zustimmung zu Klimageld: Die CO2-Bepreisung ist ein sinnvolles Instrument, das zur Reduzierung von Emissionen eingesetzt wird. Die Einnahmen werden in Klimaschutzmaßnahmen investiert oder als soziale Entlastung an die Bürgerinnen und Bürger gezahlt. »Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln«, heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel. Bisher wurde auf Umsetzungsprobleme verwiesen, offenbar gibt es auch Akzeptanzprobleme aufgrund von politischen Kommunikationsfehlern. Soziale und Umweltverbände haben mehrfach darauf gedrängt, »zügig« die Voraussetzungen zu schaffen, damit schnell mit einer Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung begonnen werden kann. Wie eine Studie des DIW im Oktober 2022 zeigte, stimmen rund drei Viertel der deutschen wahlberechtigten Personen mit Onlinezugang einem Klimageld als monatliche Pro-Kopf-Erstattung zu. »Vertiefende Analysen zeigen, dass vor allem Menschen, die sich um die eigene wirtschaftliche Situation sorgen, das Klimageld unterstützen«, so das DIW. Und weiter: »Bemerkenswert fällt der vergleichsweise geringere Grad an Zustimmung (28 Prozent voll und ganz) einer Rückerstattung ausschließlich an Bürger*innen mit niedrigen Einkommen« aus.

Unterschiede bei Männern und Frauen: Bei einer Befragung von 330 Menschen in Bremen und Bremerhaven sind deutliche Unterschiede in den Haltungen von Frauen und Männern zu klimapolitischen Fragen zutage getreten. Die Studie ermittelte Einschätzungen zu den Ende 2021 präsentierten Vorschlägen der Enquetekommission »Klimaschutzstrategie für das Land Bremen« und zur Rohstoffabhängigkeit der Energiewende. Wie es in einem Bericht zu den Ergebnissen heißt, antworteten nur 16 Prozent der männlichen Befragten auf die Frage »sollten benötigte Rohstoffe so schnell wie möglich nur noch in Europa abgebaut und verarbeitet werden?« mit Ja, bei den Frauen waren über 30 Prozent dieser Meinung. Während fast die Hälfte der Frauen der Aussage zustimmte, dass Naturschutz auch im eigenen Land beachten werden müsse, sahen dies nur ein Drittel der Männer so. Männer wiederum erachteten Versorgungssicherheit deutlich wichtiger als die Frage der dafür genutzten Energiequellen. Als überraschend wertete Umfrageleiter Uwe Engels den Befund, dass nur knapp 19 Prozent der 18 bis 30-jährigen Männer eine schnelle Umsetzung der Energiewende für alternativlos hielte, bei den 60- bis 70-jährigen Männern die Zustimmung dazu bei fast 44 Prozent lag. Alter und Geschlecht, so Engels, seien aber nur zwei Einflussfaktoren neben anderen, mindestens ebenso entscheidend sei zum Beispiel, welche Verkehrsmittel die Befragten typischerweise nutzten.

Sechs Typen des Umweltbewusstseins: Seit über 25 Jahren liefert die Umweltbewusstseinsstudie Einblicke in die Einstellungen und das Verhalten der Bevölkerung in Sachen Umwelt. Für die jüngsten, im Februar 2022 veröffentlichten Ergebnisse, waren Ende 2020 rund 2.000 Personen mittels repräsentativer Online-Interviews befragt worden. Ergebnis: Umwelt- und Klimaschutz haben trotz Corona-Pandemie nicht an Bedeutung verloren. 65 Prozent der Befragten bewerteten ihn als sehr wichtig, was ein ähnlicher Wert ist wie im Jahr 2018. Insbesondere der Klimaschutz ist während der Corona-Pandemie für 70 Prozent der Befragten weiterhin genauso wichtig, für 16 Prozent sogar wichtiger geworden. Entsprechend wird ein entschlossenes Handeln beim Klimaschutz von großen Teilen der Bevölkerung klar befürwortet. Allerdings attestieren die Befragten der Bundesregierung, den Städten und Gemeinden, der Wirtschaft, aber auch sich selbst, zu wenig dafür zu tun: Während nur 16 Prozent der Befragten angeben, dass Industrie und Wirtschaft genug tun, finden dies bei der Bundesregierung nur ein Viertel und bei den Städten und Gemeinden gut ein Drittel der Befragten. Nur ein Fünftel meint, dass die Bürgerinnen und Bürger bereits genug für den Umwelt- und Klimaschutz tun. Die Studie differenzierte unterschiedliche Einstellungs- und Verhaltensmuster in sechs »Umweltbewusstseinstypen« - »von den Ablehnenden mit einem Anteil von 8 Prozent der Bevölkerung bis zu den Konsequenten, die 14 Prozent umfassen. Dazwischen liegen die Skeptischen mit 18 Prozent, die Unentschlossenen mit 22 Prozent, die Aufgeschlossenen mit 25 Prozent und die Orientierten mit 13 Prozent. Während die Ablehnenden kaum Veränderungsbedarf sehen, agieren die Konsequenten nach eigener Auskunft bereits gemäß ihrem vergleichsweise stark ausgeprägten Umweltbewusstsein. Die vier weiteren Gruppen platzieren sich innerhalb dieser Spannweite«.

Resonanzfähigkeit von Klimapolitik: Unter dem von Hartmut Rosa in die Soziologie eingeführten Begriff der Resonanz wird vereinfacht gesprochen ein positives Weltverhältnis verstanden: ein Beziehungsmodus, in dem gegenseitige Schwingungen erzeugt werden. Hier knüpft eine im Februar 2022 präsentierte Studie von Fritz Reusswig (PIK) und Christoph Schleer (Sinus-Institut) zur gesellschaftlichen Resonanzfähigkeit von Klimapolitik an: Untersucht werden verschiedene gesellschaftliche Gruppen, Kommunen sowie kleine und mittlere Unternehmen »in ihrer Betroffenheit von und Haltung zu Klimapolitik«. Die individuellen Haltungen zur Klimapolitik werden anhand der etablierten Sinus-Milieus kartiert. »Neben neuen Unterstützermilieus für den Klimaschutz zeigt die Untersuchung, dass zunehmend auch Teile der gesellschaftlichen Mitte der Klimadebatte kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, weil sie sich von der Veränderungsdynamik nicht mitgenommen fühlen.« In relevanten Teilen der Bevölkerung finde man »Wandel-Müdigkeit oder sogar Wandel-Angst«, dies treffe »vermehrt aber auch auf die Nostalgisch-Bürgerlichen und das Konsum-Hedonistische Milieu« zu. Es fehle an »einer greifbaren Vision oder Erzählung von den Vorteilen der klimaneutralen Gesellschaft«; diese »Erzählung muss allerdings, damit sie nicht zum Werbe-Mythos verkommt, durch den Abbau von tatsächlichen Hemmnissen, Inkonsistenzen und sozialen Ungerechtigkeiten in der Klimapolitik unterfüttert werden«. Dazu empfiehlt die Studie, milieu-spezifische Angebote sowohl für Gegner*innen als auch für Unterstützer*innen der Transformation zur Klimaneutralität zu entwickeln.

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